Interview mit medienpolitik.net: „Wir sind gekommen, um zu bleiben“
Radio ist bei den über 30-Jährigen und damit auch für die Werbung weiter attraktiv
Laut der letzten Media-Analyse ma 2019 Audio II hören ca. 6,3 Millionen Menschen täglich Radioprogramme des NDR. NDR 2 ist weiterhin die Nummer eins für Werbetreibende im Norden. Der Sender erreicht einen Marktanteil von 14,7 Prozent. Zur Hörfunkwerbung bei NDR 2 und wie sich diese auf die private Konkurrenz auswirkt, dazu äußert sich Carsten Neitzel, Geschäftsführer der NDR Media GmbH im Interview für medienpolitik.net:
medienpolitik.net: Herr Neitzel, bei der jüngsten MA „bleibt NDR 2 mit einem Marktanteil von 14,7 Prozent stabil“, wie es in der Pressemitteilung heißt. Was bedeutet „stabil“ konkret?
Neitzel: Der Ausdruck „stabil“ drückt aus, dass wir mit NDR 2 im gesamten Sendegebiet weiterhin eine starke Wettbewerbsposition haben. Was allerdings gerade nach der jüngsten Media-Analyse (ma 2019 II) nochmals belegt worden ist: Radio als Werbeträger wird – im Übrigen anders als andere klassische Werbeträger – einfach nicht müde, vielmehr konnte der Werbefunk in der ma 2019 II sogar um ganze sechs Prozent zulegen, eine großartige Nachricht für alle Werbetreibenden und Agenturen. Wie sagt es schon die Radiozentrale: Wir sind gekommen, um zu bleiben.
medienpolitik.net: NDR 2 ist das einzige Hörfunkprogramm mit Werbung beim NDR. Wie wichtig sind damit die Werbeeinnahmen für den NDR?
Neitzel: Neben den Einnahmen aus der Fernsehvermarktung sind wir in der Tat hinsichtlich der Umsätze aus Werbung voll von der Performance von NDR 2 abhängig. Umso wichtiger und schöner ist es, dass der Sender aktuell und seit Jahren so gut und stabil agiert und im nationalen sowie regionalen Vergleich im Nielsen-Gebiet 1 (Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein) in der Champions League spielt.
medienpolitik.net: Der NDR darf täglich nur 60 Minuten werben, deutlich weniger als die anderen ARD-Anstalten. Welche Konsequenzen hat das für die Hörfunkwerbung im NDR-Sendegebiet insgesamt und welche für die Gattung Radio im Norden, wenn Werbung im öffentlich-rechtlichen Hörfunk abgeschafft werden würde?
Neitzel: In der Tat hat der Norden in Deutschland ein sehr striktes Modell für die Hörfunkwerbung: Es gibt nur ein Programm mit einer klaren Deckelung und keine Möglichkeiten, unterhalb von Nielsen 1 regional auszusteuern. Um entsprechende Bruttoreichweiten zu generieren, ist das Produkt NDR 2 aus mediaplanerischer Sicht für eine Belegung von Norddeutschland unverzichtbar. Dies ist für uns die gute Nachricht. Aufgrund der für uns fehlenden Möglichkeiten, einzelne Teilmärkte im Norden zu bedienen, liegen die Marktanteile der jeweiligen privaten Anbieter recht deutlich über dem Vergleichswert in Deutschland. Ein Wegfall von Werbung auf NDR 2 würde allerdings meines Erachtens kontraproduktiv für die Gattung und damit auch für alle Wettbewerber sein, weil Reichweite fehlen würde, was dann wiederum die Werbewirkung von Radiowerbung verschlechtern würde. Also: keine weiteren Restriktionen im Sinne der Gattung!
medienpolitik.net: Im Gegensatz zu anderen klassischen Medien behauptet sich der Hörfunk bei den Werbeumsätzen sehr gut. Was macht Radio im Moment so interessant?
Neitzel: Da gibt es viele Gründe. Am Ende glaube ich, kann man es auf einen ganz einfachen Nenner bringen: Weil es für unsere Kunden wirkt, weil Hörfunk es geschafft hat, alle Ausspielwege zu erobern, weil das Preis-Leistungs-Verhältnis sehr interessant ist. Ich sehe weiteres Wachstum, auch im Bereich der Fast Moving Consumer Goods (FMCG), die ja bekanntlich seit vielen Jahren nur punktuell im Radio investiert haben.
medienpolitik.net: NDR 2 ist für Werbetreibende nach wie vor die Nummer eins im Norden. Was macht den NDR so attraktiv?
Neitzel: Wie alle starken Medienmarken vereinigt NDR 2 gleich eine Handvoll wichtiger Images auf sich: Nicht nur die Musikkompetenz, sondern auch die Segmente Information, Unterhaltung, Comedy, Services und nicht zuletzt die regionale, authentische Verankerung machen das Gesamtpaket aus. Das schaffen nur sehr wenige Radiosender, und das mündet dann in die hohe Qualität des Umfeldes aus Sicht der Werbung und in die Qualität der Zielgruppen mit entsprechender Kaufkraft.
medienpolitik.net: Aber junge Leute nutzen auch das Radio weniger, wird NDR 2 damit perspektivisch für die Werbewirtschaft immer unattraktiver?
Neitzel: Es ist korrekt, dass seit jeher ganz junge Zielgruppen das Radio relativ etwas weniger nutzen. Wir stellen aber fest, dass sich die Mediennutzung ab ca. 30 Jahren mit den Lebensgewohnheiten verändert und Radio mitnichten an Attraktivität verliert. Video hat den Radio-Star nicht gekillt, und auch YouTube und Co. wird dies nicht gelingen.
medienpolitik.net: Immer mehr klassische Medien setzen auf Events als Werbeträger. Wie sieht das bei Ihnen aus?
Neitzel: Die Integrationen von Events in Medienstrategien ist für mich persönlich keine aktuelle Entwicklung, insofern ist es auch keine neue Aufgabe, hier Module für unsere Kunden zu entwickeln. Wir haben nicht nur die ganz großen Events von NDR im Portfolio wie stars@NDR 2 oder das Soundcheck-Festival, sondern können Partner auch zum Beispiel im Umfeld der Sommertouren des NDR integrieren, in diesem Bereich auch regional in den einzelnen Bundesländern im Norden. Kein anderer Medienanbieter im Norden steht aus meiner Sicht so authentisch für Events wie der NDR.
medienpolitik.net: Welche Rolle spielt beim NDR das Event- bzw. Programm-Sponsoring?
Neitzel: Hier müssen wir klar unterscheiden: Im Event-Sponsoring haben wir, wie schon erwähnt, attraktive Umfelder und Möglichkeiten für unsere Kunden. Im Segment Programm-Sponsoring haben wir ARD-weit im nationalen TV die Premium Umfelder des Sports, regional schöpfen wir unsere theoretischen Möglichkeiten nicht aus.
medienpolitik.net: Ist Programm-Sponsoring nicht für einen öffentlich-rechtlichen Sender problematisch, weil darunter die Glaubwürdigkeit leiden könnte?
Neitzel: Beim Thema Sport, und da nicht nur im Umfeld der Fußball-Bundesliga, ist die Integration von Sponsoren total akzeptiert. Jeder Mediennutzer kennt ja die Gespräche um die Rechtekosten von Veranstaltungen in diesem Bereich. Immer dann, wenn ein Unternehmen nachhaltig in Sponsoring investiert und Produktnähe aufbaut und pflegt, sehe ich das aus Sicht der Medienmarke unkritisch.
medienpolitik.net: NDR Media bietet auch „crossmediale Verkaufspakete“. Wie sieht das konkret aus? Online dürfen Sie ja nicht werben. Was bleibt da noch, außer der Vernetzung von TV und Hörfunk?
Neitzel: Wir vernetzen Hörfunk und TV in der Vermarktung nicht, das sind zwei Paar Schuhe. Es ist richtig, dass wir keine Integration in die Online-Welten von NDR und ARD anbieten können. Macht aber nichts, denn unsere Kernaufgabe ist es, die Vorzüge von klassischer Werbung immer wieder aufs Neue zu belegen und das Thema Qualität der Umfelder und Zielgruppen herauszustellen.
medienpolitik.net: Der NDR „bespielt“ eine sehr unterschiedliche Region vom flachen Land mit mal höherem, mal geringerem Haushaltseinkommen, bis zur Großstadt. Wie schwierig ist es, allen Anforderungen der Werbekunden gerecht zu werden? Wie zielgruppengenau kann man mit dem NDR werben?
Neitzel: Die letzte Frage in einem Interview versuche ich immer, kurz und prägnant zu beantworden: Wir haben Top-Umfelder und Top-Zielgruppen vorzuweisen, deswegen liegen wir ganz nah bei den Anforderungen unserer Werbekunden.